Montag, 14. Mai 2012

Aller guter Dinge sind drei

Ich bin ich mittendrin in meinen Fotokursen, im Plural, in mehreren, genau genommen in drei verschiedenen! Ich weiss, dass es verrückt ist, aber es hat sich... ehm... also... sozusagen... irgendwie... so ergeben. Alle drei Kurse sind gut, anders, lehrreich, und ich freue mich über jeden einzelnen als wären es meine Drillinge. Ich organisiere mich einfach gut, setze Prioritäten und bringe das Ganze in eine Ordnung, dann kann ich von allen drei profitieren.

1. Der Online-Workshop Photo Meditations ist bereits fast fertig. Über die ersten beiden Wochen habe ich bereits berichtet. In der dritten Woche lag der Schwerpunkt auf Tiefenschärfe (oder Schärfentiefe), Perspektive und Details. Damit sollten unsere Fotos individueller und aussagekräftiger werden. Hier ein paar Ergebnisse:

Das grosse Ganze, mit grosser Tiefenschärfe (Blick aus meinem Garten)

Oder der nur einige Details, von oben (mein Frühstückstisch)

Oder von weiter unten und mit einer geringeren Tiefenschärfe (auf meinem Spaziergang, der selbe Baum wie im ersten Foto).
Auf die eine oder andere Art bilden die Themen der vergangenen Wochen die Grundlagen eines Fotos. Deshalb sie sind in bisher allen Kursen in irgendeiner Form vorgekommen. Die vergangene vierte Woche war nun überraschend anders. Thema war nämlich das Selbstporträt, und zwar in allen möglichen Arten und Formen: gespiegelt, von Hand, mit Stativ, als Schatten-Silhouette, ganz, nur einzelne Körperteile, bildfüllend, eingebettet in einer bestimmten Umgebung, direkt in die Kamera schauend, mit abgewandtem Blick, ehrlich und ungeschminkt, posiert und komponiert, von Hand, mit Stativ, für sich selbst, zum Weitergeben oder Teilen mit anderen, und auch als Akt. Ich finde das, was die Kursleiterin uns zur Inspiration an Texten, Fotos und Aufgaben mitgegeben hat, total spannend. Es geht auch sehr ins Psychologische hinein - sich selber anschauen können, sich mit sich selber anfreunden, den eigenen Körper akzeptieren, der Seele Ausdruck verleihen. Ich habe zwar ein bisschen damit angefangen, werde aber dieses Thema zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufnehmen und selbständig weiter dran arbeiten. Nichtsdestotrotz hier meine 2 bisherigen Versuche:

Eines dieser nicht schmeichelhaften Selbstporträts in Armlänge, aus der Hand heraus geschossen, am Morgen am Bahnhof auf dem Weg zur Arbeit.
Noch früher am Morgen und noch weniger schmeichelhaft: ein gespiegeltes Selbstporträt im Pyjama im Garten, ins Haus hinein meinen Liebsten fotografierend.
Susannah Conway hat uns zu jedem Thema so viel fundiertes, inspirierendes Material geschickt, dass die kurze Zeit vor und nach der Arbeit und am Wochenende dem nicht wirklich gerecht wird. Das fängt bei ihrer wöchentlichen, kommentierten Diashow an, über Interviews mit zum Thema passenden Fotografen, dem Teilen von eigenen Erfahrungen, Tipps und Tricks bis hin zu Anregungen zum Nachdenken und natürlich fotografische Übungen. Das muss und will ich einfach nochmals gründlich durcharbeiten. Zu den Themen "Selbstporträt" und "Geschichten erzählen", dem Thema der aktuellen und letzten Kurswoche, werde ich also in einigen Wochen ausführlicher berichten.

2. Letzte Woche hat ein weiterer Online-Kurs angefangen: "Photo by Design 1" der US-Fotografin Kim Manley Ort. Den habe ich zusätzlich ausgewählt, weil ich mich nochmals in Ruhe mit den einzelnen fotografischen Grundlagen, also mit Licht, Linien, Strukturen, Farben und Formen beschäftigen wollte. Ich finde das wichtig und möchte, dass "es sitzt". Alleine zu fotografieren ist aber nicht so motivierend wie in einer Gruppe, auch wenn die Teilnehmerinnen nur via Flickr kommunizieren. Diese Grundlagen, die in den anderen Kursen zusammen geübt wurden, werden in diesem Workshop einzeln angegangen. Die vergangene erste Woche stand im Zeichen des Lichts. Eine ganze Woche lang sollten wir auf das Licht achten, es wahrnehmen, beschreiben und natürlich auch fotografieren. Zum Licht gehören auch Schatten und Spiegelungen, die ja ohne Licht nicht entstehen würden.

Lichtstrahlen - am Abend eines sonst verregneten, düsteren Tages ist es ganz überraschend und plötzlich erschienen, als ich auf dem Heimweg am Bahnof in Stettbach auf meinen Zug gewartet habe.
Licht und Schatten an einem hochsommerlichen Tag. Ich sah es vom Liegestuhl aus an der Rückwand meines Wohnhauses.
 
Funkelndes Licht kombiniert mit dem Wasser des Dorfbrunnens

Indirektes, reflektiertes Licht, fast schon abstrakt, in meinem fensterlosen WC

Mit nur 12 Teilnehmerinnen ist die Gruppe im Vergleich zu den beiden vergangenen Online-Workshops sehr klein, der Austausch daher intensiver. Für mich erhöht es den Druck, am regen Austausch und den Diskussionen auf Flickr noch aktiver teilzunehmen, auch wenn es auf Englisch gar nicht immer so leicht ist. Diese Woche werden wir uns mit Linien beschäftigen. Nur Linien, dafür in allen Variationen: senkrechte, waagrechte, schräge, diagonale, zusammentreffende, sich kreuzende, gebogene, kurvige, wellenförmige.

3. Als ich mich für den "Photo by Design 1"-Workshop angemeldet hatte, war ich ziemlich sicher, dass der dritte Kurs nicht stattfinden würde: "Zen Art. Fotografische Malerei", mein zweiter Kurs an der Leica-Akademie. Lange fehlten zwei Anmeldungen zum Erreichen der Mindestteilnehmerzahl. Die fehlen zwar immer noch, aber die Leica-Akademie führt den Kurs trotzdem durch. Er beginnt in drei Tagen, und geht bis am Sonntag. Kursort ist diesmal Laufen an der Salzach, in Bayern. Wir wohnen in einem ehemaligen Kapuzinerkloster, das zu einem Seminarhotel umgebaut wurde. Lachen liegt nur etwa zwanzig Zug-Minuten von Salzburg entfernt. Somit habe ich auch noch Gelegenheit, diese Stadt endlich kennenzulernen. In der Kursbeschreibung steht folgendes:
Steigen wir ein in diesen Workshop mit einem Zitat von Henri Matisse: „Malen heißt nicht Formen färben, sondern Farben formen.“ Das ist ein möglicher Weg des Pinsels, der durch die Inspiration eines Malers geführt wird. Tauschen wir diesen gegen eine Kamera, so ist die Inspiration eines Fotografen gefordert. Seine Leinwand ist bereits gefüllt. Er muss nun die Farben und Formen mit seinen ureigenen Mitteln (Blende - Zeit - Schärfe - Unschärfe - Bewegung usw.) gestalten. Die Konzentration liegt bei unseren Aufnahmen in der Abstraktion auf das Wesentliche. Wir bilden nicht mehr eine Blume ab, sondern beziehen all unsere Emotionen mit ins Bild ein. Diese Kombinationen werden ungewöhnlich sein und uns an unsere ersten Aquarellmalkurse erinnern mit ihren außergewöhnlichen Ergebnissen. Bleiben wir bei Matisse: So soll ein neues Bild ein einmaliges Ergebnis sein. Freuen Sie sich auf einen gestalterischen Workshop mit einem hohen kreativen Spaßfaktor und unzähligen neuen Ausdrucksformen.
Zen-Art, Inspiration, Konzentration, kreativer Spassfaktor, historisches Ambiente, Kloster, Biergarten, Leica-Akademie und Salzburg - das tönt doch alles äusserst vielversprechend!

Dienstag, 1. Mai 2012

"Photo Meditations" - Zwischenbericht

"Photo Meditations" ist mein zweiter Online-Kurs und insgesamt mein dritter Foto-Workshop. Er wird von Susannah Conway, einer englischen Fotografin aus Bath angeboten.
Ich wähle meine Kurse sehr sorgfältig aus und investiere viel Zeit im Recherchieren, bis ich genau DEN Kurs gefunden habe, der zu mir und meiner "fotografischen Entwicklungsphase" passt, nebst dem, dass er natürlich auch zeitlich, örtlich und finanziell passen muss. Kriterien für die Auswahl sind auf jeden Fall die Fotos der Kursleiter, die Gestaltung ihrer Website, der Kursinhalt, Titel und Schwerpunkte, aber auch der vorherrschende "Ton" - und mein Bauchgefühl, das dann die ideal Mischung kombiniert. Bisher hat es mich nicht fehlgeleitet. So auch diesmal nicht.
Der neue Kurs hat vor zweieinhalb Wochen begonnen und nimmt das, was ich in den beiden vorhergehenden Kursen gelernt habe, wieder auf, führt beides zusammen, vertieft und erweitert es. In den ersten beiden Wochen lag der Schwerpunkt auf der Bildgestaltung. So bot sich mir die Gelegenheit, all die Gestaltungsregeln und -tipps, die ich im Leica-Kurs kennengelernt hatte, in der Praxis anzuwenden. Was dort aus zeitlichen Gründen zu kurz kam, konnte ich nun in Ruhe und portioniert, aber dennoch geführt, nach-üben. Ich habe also in den letzten beiden Wochen auf meinem Arbeitsweg so viele...

...Linien...

...und (zweidimensionale) Formen...

...und (dreidimensionale) Figuren...

...und Farben und Linien...

...und (Oberflächen)-Strukturen und Linien und Farben...

...und Goldener Schnitt und Farben und Linien und Oberflächenstrukturen...

...und Spiegelungen...

...und Schattenspiele...
... fotografiert - Oliver Richter von der Leica-Akademie hätte seine helle Freude daran gehabt (hoffe ich zumindest).
Der Schwerpunkt lag in den vergangenen beiden Wochen also auf dem Ästhetischen. Susannah nannte Linien, Figuren und Formen "die Knochen". Farben, Strukturen und Licht sind für sie "das Fleisch".  Diese Woche geht es ums "Herz": Wie können wir unseren Fotos mehr Seele einhauchen? Schwerpunkt ist also die emotionale Fotografie. Wir sollen versuchen, uns mehr auf gewisse Details zu konzentrieren, die bestimmte Bedeutungen oder Emotionen vermitteln, oder unterschiedliche Perspektiven einzunehmen, um unsere Bildaussage zu unterstreichen. Wir sollen auch entspannter ans Fotografieren herangehen und den Auslöser weniger häufig, dafür bewusster drücken. Damit knüpft die Kursleiterin an den "Slice of Life-Workshop" an.
Insgesamt spannt Susannah den Bogen weiter als die bisherigen Kurse. Sie gibt uns regelmässige Aufgaben und Tipps, die über das rein Fotografisch-Technisch-Gestalterische hinausgehen. Zum Beispiel ermuntert sie uns, über den eigenen Gartenzaun hinauszuschauen, um uns ein "visual vocabulary" aufzubauen. Sie zeigt dann auch gleich konkret, wie wir das mit Hilfe von Flickr oder anderen Internetseiten machen können. Ich habe die traditionelle Art vorgezogen und habe zwei Ausstellungen im Fotomuseum Winterthur besucht. Ich möchte nicht noch mehr Zeit vor dem Computer verbringen als ich eh schon muss bzw. darf. Und wenn schon von anderen lernen, wieso nicht gleich von den Meistern? Nach der "Von Horizonten"-Ausstellung war ich denn auch richtiggehend ergriffen und habe mir fürs nächste Jahr vorgenommen, eine Jahreskarte zu kaufen.
Susannah ermutigt uns auch, die eigenen Fotos wieder anzuschauen und zu reflektieren: Was ändert sich? Was bleibt gleich? Was kommt regelmässig wieder vor? Welche Stimmungen, Farben und Themen sind vorherrschend? Bei meinen Fotos fällt mir zum Beispiel auf, dass mich der "negative space", wie sie das nennt, der freie Raum um das Hauptmotiv herum, anzieht, die Weite, das Unendliche. Wahrscheinlich hat mich deshalb auch die "Von Horizonten"-Ausstellung so angesprochen. Ich nehme an, es widerspiegelt die Ruhe, die ich immer wieder in der Natur suche, zum Beispiel wenn ich am Sonntagmorgen alleine durch den Wald und über die Felder streife, während alle anderen noch schlafen. Alles Menschliche verschwindet, auch ich, zurück bleiben nur noch die Farben, die Düfte und die Geräusche der Natur: Vogelgezwitscher, das Hämmern eines Spechts, Rascheln im Laub, ein knarrender Baum, der Wind.

"negative space" in Weisslingen
Man merkt, dass Susannah ihre Ausbildung an einer Kunsthochschule gemacht hat. Davon profitiere ich jetzt sehr. Nicht "nur" wegen ihrer persönlichen und fotografischen Tipps, den fotografischen Aufgaben und den Aufforderungen zur Selbst-Reflexion. Sie führt alles Gelernte zusammen, vertieft es und stellt es in den grösseren Zusammenhang der Kunst. Sie will, dass wir uns als (zukünftige? potentielle?) Künstler sehen.
In jedem Kurs steht ein anderer Aspekt der Fotografie im Vordergrund, abhängig vom Kursleiter. Mal ist es die Technik, mal das Gestalterisch-Ästhetische, mal das Persönliche. Und auch dieser Workshop ist wieder ganz anders, wieder sehr spannend und wieder unglaublich bereichernd.